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Wie alt ist man mit 27 Jahren wirklich?

Das SM Wochenende in Langenthal lief unterschiedlich. Dabei sticht vor allem die Geschichte von Lena heraus. Sie hat sich die Zeit genommen und einige ihrer Gedanken für uns festgehalten.

«Sie gehört auch nicht mehr zu den Jüngsten», «Schon 27ig», oder «Läuft trotzdem noch Bestleistung». Bemerkungen, die mir in diesem Jahr besonders oft aufgefallen sind. Wahrscheinlich weil ich dieses Jahr selber 27 Jahre alt geworden bin. Erst 27ig, wie ich finde. Schon 27ig, wie ich oft höre. Aber wie alt ist man mit 27 Jahren wirklich?

Zu den Jüngsten gehört man definitiv nicht mehr und es ist auch nicht abzustreiten, dass die jungen Wilden immer schneller werden. So wird Ditaji Kambundji mit ihren 19 Jahren bereits zum zweiten Mal Schweizer Meisterin. Ihre 10 Jahre ältere Schwester Mujinga gehört schon zu den „Alten“, und räumt Titel Nummer Elf ab. Das Durchschnittsalter auf dem Podest über 100m der Frauen liegt bei 27 Jahren. Man könnte also sagen, dass ich mich zurzeit im besten Sprintalter befinde. Es gibt viele Beispiele die zeigen, dass auch im fortgeschrittenen Alter noch Leistung gebracht werden und zu Bestleistungen gelaufen wird. Die britische Hürdenläuferin Tiffany Porter ist mit 33 Jahren an der Hallen-EM aufs Podest gelaufen. Die jamaikanische Sprinterin Shelly-Ann Fraser-Pryce wurde mit 34 Jahren und nach einer Babypause zur «fastest woman alive» gekürt. Doch nicht nur auf internationalem Toplevel gibt es solche Beispiele, die nationalen sind nur etwas weniger bekannt. So sprintete Daniela Kyburz auch mit 31 Jahren noch von Bestzeit zu Bestzeit. Die Frage ist also nicht, wie alt man mit 27 Jahren ist, sondern eher wie auch mit 27+ noch Bestzeiten aufgestellt werden können. Und hier ist die Antwort ganz einfach: Nie aufgeben. Das klingt in der Theorie zwar einfach, ist in der Praxis aber etwas komplizierter. Nie aufgeben ist immer dann am schwierigsten, wenn es sportlich nicht läuft. Dies kann Wochen aber eben manchmal auch Jahre dauern. Und man wird immer erst dann belohnt, wenn man wieder oben angekommen und zufrieden ist. Aber von ganz unten wieder nach ganz oben zu kommen ist oft ein sehr langwieriger Weg, welcher bei mir persönlich 5 Jahre dauerte. Nach dem Höhepunkt mit der Bronzemedaille an der U23-EM mit der Staffel folgten meine schwierigsten Jahre. 2016, 2017 und 2018 verbrachte ich wohl mehr Zeit bei Ärzten und Physios als im Training. Eine Zeit, in der auch das wenige Training keinen Spass mehr brachte. Fast keine Leichtathletik Karriere folgt einem geraden Weg. Die meisten Karrieren gleichen eher einem Labyrinth mit vielen Abbiegungen und Sackgassen. In schwierigen Zeiten gibt es besonders viele Sackgassen und es muss immer wieder umgekehrt werden und einen neuen Weg gegangen werden. Das Gute ist, dass irgendwann immer ein richtiger Weg gefunden wird. 2019 kam bei mir die positive Wende. Ich war körperlich wieder fit, konnte eine komplette Saison bestreiten und vor allem hatte ich den Spass an der Leichtathletik wiedergefunden. Trotzdem war ich noch nicht wieder ganz dort wo ich sein wollte. Der Kopf hatte noch nicht zur alten Stärke gefunden, das Gefühl stimmte noch nicht zu 100%. Etwas, was ich auch von anderen «Dauerverletzten» oft gehört habe. Schlussendlich ging es nochmals zwei Jahre bis ich 27 wurde und wieder dort ankam, wo ich sein wollte. Insgesamt also 5 Jahre um die 100m Hürden mit neuer persönlicher Bestleistung in 13.89s zu laufen. Noch wichtiger ist allerdings, dass ich das erste Mal wieder so richtig stolz auf meine Leistung sein konnte. Nicht wegen der Zeit an sich, sondern wegen all den Tränen, Schmerzen, falschen Abbiegungen und Umwegen, die ich dafür überwinden musste. Ich habe nie aufgegeben und: es hat sich gelohnt! Mit 27 Jahren bin ich nun motivierter denn je. Denn man ist immer nur so alt wie man sich fühlt. Am Wettkampftag ist das bei mir junge 27 Jahre, am Tag danach eher an die 70 :-) 

Lena Weiss (100m und 100m Hürden)

P.s: Der Weg aus dem Labyrinth war nur möglich mit der Hilfe von Menschen, die stets an mich glaubten und einem Verein, der jederzeit die besten Möglichkeiten anbot – gerade auch in Zeiten von Corona. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle.





Neben Lenas Bestleistungen über 100m und 100m Hürden ist auch die bereits siebte SM Medaille von Brahian über 110m Hürden herausragend. Bestleistungen erzielten auch Ladina als Vierte im Kugelstossen und Nick über 110m Hürden, beide aber ohne dabei ihr Potential ausschöpfen zu können. Mike sammelte erste Erfahrungen an der Aktiv SM im Stabhochsprung und Andri war verletzungsbedingt als Zuschauer vor Ort.

Jan gewinnt an den Balkanmeisterschaften im Zehnkampf Silber mit 7115 Punkten.